Umfangreiche Studie zu Flächenpotenzial für Windenergieanlagen in Niedersachsen

Mit unserem innovativen Geoinformationssystem Nefino LI übersetzen wir komplexe regulatorische Forderungen in verständliche zahlenmäßige Auswirkungen – die Flächenpotenziale. Ein zentraler, wenngleich oft fehlender Bestandteil politischer Debatten.

Im Laufe des Jahres wird das Land Niedersachsen eine Neuaufstellung des Landesraumordnungsprogramms (LROP) verabschieden. Das LROP regelt die großräumige und die für das Land bedeutsame Nutzung von Flächen in Niedersachsen. Das ist von großer Relevanz für die Windenergie, denn die Landkreise, die wiederum für die regionalen Raumordnungsprogramme (RROP) zuständig sind, orientieren sich am LROP und legen somit die Weichen für neue Windenergieflächen.

Im Dezember 2020 wurde ein Entwurf für die Neuaufstellung des LROP veröffentlicht. Dieser sieht eine besonders wichtige Neuerung für die Windenergiebranche in Niedersachsen vor: So soll mit der Neuaufstellung des LROP eine Öffnung der Wälder für Windenergieanlagen erfolgen. Zudem wird im Entwurf auf eine pauschale Abstandsregelung in Höhe von 1.000 Metern zu Wohnbebauung verzichtet, die auf Bundesebene in der Vergangenheit intensiv diskutiert wurde.

Hier setzten wir an: Um den Landesverband Erneuerbare Energien Niedersachsen/Bremen e.V. (LEE) in der politischen Debatte des LROP-Entwurfs zu unterstützen, entwickelten wir eine Studie über die Flächenpotenziale für Onshore-Windenergieanlagen in Niedersachsen. Ziel der Studie: Die komplexen regulatorischen Rahmenbedingungen, die im LROP-Entwurf für die Windenergie vorgesehen sind, anschaulich in ihre zahlenmäßigen Auswirkungen übersetzen und damit den politischen Forderungen des LEE eine Grundlage bieten. Der Fokus lag hierbei einerseits auf der Analyse der zusätzlichen Flächenpotenziale für Windenergieanlagen in Niedersächsischen Wäldern und anderseits auf der Visualisierung der Auswirkungen von pauschalen Abständen zu Wohnbebauung.

Flächenpotenzial in Niedersachsen, aufgeschlüsselt nach Landkreisen
Darstellung der Flächenpotenziale in Niedersachsen


Die Studie

Zur Umsetzung der Studie nutzten wir unser innovatives Geoinformationssystem (GIS) Nefino LI. Das GIS ermöglichte uns eine sogenannte Weißflächenkartierung der einzelnen Landkreise Niedersachsens vorzunehmen. Damit erkennen wir potenzielle Flächen für die Windenergienutzung in beliebig großen Untersuchungsräumen – von der einzelnen Gemeinde bis hin zu ganzen Ländern. Eine Weißflächenkartierung ist eine Methode, bei der auf Basis von vordefinierten Flächenrestriktionen, wie z.B. dem Naturschutz oder der Luftfahrt, sogenannte Tabuzonen berechnet werden. Die diversen Tabuzonen werden anschließend übereinandergelegt und vom Untersuchungsraum abgezogen. Die verbleibende Fläche stellt die gesuchte Weißfläche dar, die wiederum das Potenzial für Windenergieanlagen unter Berücksichtigung der definierten Flächenrestriktionen repräsentiert.

Der LEE wird die Studie gemeinsam mit Nefino in einer Pressekonferenz am 22.03. an das Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz (MU), vertreten durch Umweltminister Olaf Lies, übergeben, um nochmals eindringlich auf wichtige regulatorische Stellschrauben für die Windenergie im LROP-Entwurf aufmerksam zu machen. Nefino baute die Studie daher auf einem Basisszenario auf, das durch das MU im Jahr 2020 erstellt wurde und im Wesentlichen die harten Tabuzonen aus dem Niedersächsischen Windenergieerlass 2016 abbildet. Mit dem Basisszenario konnten wir einerseits unsere Datengrundlage und Methodik verifizieren und andererseits eine vergleichbare Grundlage schaffen, auf deren Basis die Auswirkungen regulatorischer Stellschrauben explizit abbildbar waren.

Unsere Alleinstellungsmerkmale: Aufbauend auf dem Basisszenario kamen die Stärken von Nefino LI zum Tragen, indem detailliert und zugleich performant diverse Varianten des Basisszenarios gerechnet und anschaulich visualisiert werden konnten. Die Varianten ergaben sich aus den regulatorischen Rahmenbedingungen, die der LROP-Entwurf vorsieht oder aber der LEE fordert. Als wichtigste Varianten, die wir mit unserer spezifischen Datengrundlage abbilden konnten, kristallisierten sich im politischen Prozess schnell die Folgenden heraus:

  • Die explizite Unterscheidung zwischen Innenbereich (Siedlungen) und Außenbereich (Einzelhäuser und Splittersiedlungen) in der Betrachtung möglicher pauschaler Abstände zur Wohnbebauung.
  • Die erste flächenspezifische Bewertung von Potenzialen der Windenergie in Niedersächsischen Wäldern unter Berücksichtigung wichtiger Flächenrestriktionen, wie z.B. Landschafts- und Waldschutzgebiete oder die Nährstoffversorgung forstlicher Böden.


Ergebnisse

Die Ergebnisse machen Mut und zeigen, dass im LROP-Entwurf bereits viele Weichen aus Sicht der Windenergiebranche richtig gestellt worden sind:

  • 9 bis 12% der Niedersächsischen Landesfläche stehen im Offenland als Potenzialfläche für die Windenergie zur Verfügung, insofern auf pauschale Abstände zur Wohnbebauung verzichtet und vielmehr auf eine Einzelfallprüfung nach den Vorgaben zur optisch bedrängenden Wirkung und zur Technischen Anleitung (TA) Lärm gesetzt wird.
  • Weitere 3 bis 4% der Niedersächsischen Landesfläche könnten als zusätzliches Potenzial hinzukommen, wenn, wie vorgesehen, durch die Neuaufstellung des LROP eine behutsame Öffnung der Wälder für die Windenergie erfolgt.

Mindestabstände zu Wohnbebauung haben einen immensen Einfluss auf mögliche Windenergieflächen: „Pro 100 Meter zusätzlichem Pufferabstand zu Wohnbebauung im Innenbereich entstehen ca. 12% Potenzialverluste. Im Außenbereich verringern sich die Verluste sogar um bis zu 17% pro 100 Meter“ gibt Jan-Hendrik Piel, Co-Founder von Nefino zu bedenken. Bei hohen pauschalen Mindestabständen zu Wohnbebauung und fehlender Differenzierung zwischen Innen- und Außenbereich würde die Windenergie aufgrund fehlender Potenzialflächen praktisch zum Erliegen kommen. Die Aussprache gegen die pauschale Abstandsregelung seitens des Niedersächsischen Umweltministeriums sehen wir mit unserer Faktenlage entsprechend als richtig und wegweisend an.

Eine umweltverträgliche Nutzung der Windenergie in Wäldern ist ebenfalls möglich. Dies belegen auch Erfahrungen aus anderen Bundesländern, in denen bereits seit vielen Jahren die Wälder für Windenergieanlagen geöffnet sind. Vogelpopulationen und ein gesunder Wald werden nicht signifikant geschädigt, sichert Bärbel Heidebroek, LEE-Vorsitzende, zu. Hierfür sorgt die umfangreiche Berücksichtigung von Natur-, Vogel- und Waldschutzgebieten, die in der Berechnung der Potenziale ausgeschlossen wurden. Die Ergebnisse zeigen aber auch, dass die Potenziale in Wäldern nur dann sinnvoll gehoben werden können, wenn kein pauschaler Ausschluss von Landschaftsschutzgebieten für Windenergieanlagen durch das LROP vorgeschrieben wird. In diesem Fall würde sich das Flächenpotenzial in Wäldern nahezu halbieren und nur noch etwas mehr als 2% der Niedersächsischen Landesfläche als Potenzialfläche in Wäldern zur Verfügung stehen.

Beachtlich ist die hohe räumliche Präzision unserer Studie: So ist erstmals landkreisscharf abgebildet in welchen Regionen große Potenziale liegen. Für die Errichtung von Windenergieanlagen in Wäldern lassen sich diese vor allem im Nordosten Niedersachsens erschließen, während Offenlandpotentiale deutlich gleichmäßiger verteilt sind.

Wir haben gezeigt: Es gibt große Potenziale. Mit unserer landkreisscharfen Betrachtung haben wir aber auch aufgedeckt, wo noch erheblicher Nachholbedarf in der Hebung dieser Potenziale besteht. „Sobald das LROP steht, sind die Landkreise also in der Pflicht zu liefern, gerne auch mit unserer Unterstützung!“ kommt Piel zum Schluss.